Bereits zum Release von “Crysis“ war Crytek eines der größten und bekanntesten deutschen Studios überhaupt. Selbst in den USA, in denen der PC als Spieleplattform nur noch wenig wert ist, kam man nicht umhin, die Leistung der Jungs anzuerkennen. Geholfen hat das nur bedingt: Dadurch, dass “Crysis“ lediglich für den PC erschien, sperrte man die größte Käuferschicht, nämlich die der Konsolenuser, aus. “Crysis 2“ wird dieses Problem nicht haben, wenn es am 25. März für PC, PS3 und Xbox 360 erscheint. Aber tut dem Spiel das wirklich gut?
Neue Infos für den Einzelspieler gab es keine - für die GamesCom hat sich Crytek ganz auf den Multiplayermodus konzentriert. Das ist interessant, weil dieser beim ersten Teil kaum mehr als eine billige Dreingabe war. Um das zu ändern kaufte Crytek letztes Jahr Free Radical, die ehemaligen Entwickler der “TimeSplitters“-Serie. Diese wurden fix in Crytek UK umbenannt und arbeiten mit einer über 70 Mann starken Mannschaft ausschließlich an den Mehrspielergefechten. Deswegen ist es wenig verwunderlich, dass sich gegenüber dem Vorgänger so einiges getan hat.
Statt aus riesigen Landschaften bestehen die Maps nun größtenteils aus kleinen wie kompakten Gebieten. Dank des einfacher zu benutzenden Nanosuits, dem schnellen Wiedereinstieg nachdem man gestorben ist sowie der eben angesprochenen Verkleinerung der Karten spielen sich die Matches nun wesentlich schneller und erinnern stark an “Call Of Duty“. Zu Anfang wählt ihr eine von fünf Klassen - diese unterscheiden sich nicht nur in Punkto Waffen und Gadgets voneinander, sondern besitzen auch verschiedene Fähigkeiten. So können nur bestimmte Klassen durch Druck auf den rechten Analogstick im Sprung mit dem Knie voran gen Boden donnern und durch die folgende Schockwelle all den Gegnern um sie herum Schaden bereiten.
Eines wird schnell deutlich: Viel Zeit zum Denken bleibt in “Crysis 2“ nicht. Nur wenige Sekunden, nachdem das Spiel startete, flogen mir bereits die ersten Kugeln um die Ohren. Ich sah meine Gegner dank Nanosuit etliche Meter durch die Lüfte springen – entsprechend tat ich es ihnen gleich und hüpfte mitten ins Gefecht, bis mir plötzlich jemand von hinten das Genick brach. „Nanu?“ - Solche Situation entstehen ebenfalls durch den neuen Nanosuit. Statt vier verschiedener Fähigkeiten wie im Vorgänger gibt es nun nur noch zwei. Ihr könnt euch entweder tarnen, wodurch eure Schritte automatisch leiser und eure Schüsse präziser werden, oder die Energie in eure Rüstung pumpen, womit ihr mehr aushaltet und schneller rennt. Entscheidet ihr euch für die Tarnung und pirscht euch von hinten an einen gegnerischen Spieler an, so könnt ihr per Knopfdruck einen Stealth-Kill durchführen.
Da ich nun direkt zu Anfang eines Matches Opfer einer solchen Attacke geworden bin, wuchs bei mir sofort die Befürchtung, dass diese Fähigkeit zu stark sei. Dies ist allerdings unbegründet, weil solch ein Angriff nur möglich ist, wenn man sich hinter dem Feind befindet und dieser euch noch nicht gesehen hat. Und in einem so schnellen Shooter, wie es “Crysis 2“ ist, dürfte es reichlich schwer sein, unbemerkt wie nahe genug an eine Person heranzukommen. Da sich die Energie des Nanosuit 2 merkbar schneller regeneriert als die des Vorgängermodells, könnt ihr seine Fähigkeiten konstant der aktuellen Situation anpassen. In Kombination mit der hohen Laufgeschwindigkeit und den großen Sprüngen, die der Anzug ermöglicht, ist das Spiel sehr viel dynamischer und vor allem vertikaler als seine Konkurrenz. Nie könnt ihr wissen, ob der nächste Spieler von oben oder von unten auftaucht. Zudem sind die Maps voll darauf ausgelegt, dem Spieler möglichst viel Bewegungsfreiheit zu bieten.
Für die Langzeitmotivation soll ein an “Call Of Duty“ erinnerndes Tier-System sorgen. Wer jetzt darauf hofft, als Polarbär oder Tiger durch die Gegend hopsen zu dürfen, den muss ich fix enttäuschen: Gemeint ist das englische Wort „Tier“. Wem das zu kompliziert ist, der kann auch einfach das Pendant aus dem Activision-Shooter benutzen: Perks – um nichts anderes handelt es sich hier in “Crysis 2“. Nach und nach schaltet ihr insgesamt 20 Tiers frei, die ihr dann jeweils in drei Stufen verbessern und damit euren Charakter individualisieren könnt. Weiterhin soll es hunderte Challenges geben, die wie die Achievements oder Trophies auf der Xbox 360 und PS3 funktionieren. Statt Punkte gibt es allerdings Belohnungen, wie spezielle Ränge.
“Crysis“ war nie für seinen Mehrspielermodus bekannt - zu langsam, zu schlecht besucht, zu überflüssig. Crytek hat deswegen das einzig Richtige getan: Das Konzept komplett über den Haufen geworfen und einen spannenderen, schnelleren aber nicht weniger anspruchsvollen Shooter geschaffen. Gerade die klassenspezifischen Fähigkeiten und der Nanosuit 2 bringen einige völlig neue, strategische Elemente ins Spiel. Durch die sehr vertikalen Maps und der großen Agilität jeder einzelnen Figur, könnte ein Gegner jederzeit und von überall auftauchen. Doch auch Leisetreter haben dank der Tarnfunktion reichlich Gelegenheit, dem gegnerischen Team Dampf zu machen.
Nach den 20 Minuten, in denen ich das Spiel ausprobierte, kann ich natürlich noch nichts Genaueres darüber sagen, ob “Crysis 2“ auch lang anhaltenden Spaß bringt. Die vielen, frei schaltbaren Tiers, Herausforderungen und Waffen lassen aber auf das Beste hoffen. Da EA die versammelte Konkurrenz um “Medal Of Honor“ und “Call Of Duty“ durch die Verschiebung des Releasetermins geschickt umgangen hat, steht einem erfolgreichen Mehrspielermodus jedenfalls nichts mehr im Wege.