Fakt: Die Gewaltbereitschaft hat auch in Deutschland stark zugenommen.
Mögliche Ursachen: Spiele, Filme und viele tolle zugewanderte "Vorbilder". Was genau die greifende Ursache ist, müsste noch genauer herauskristallisiert werden.
Im Prinzip stimme ich der Verschärfung zu, allerdings nicht ganz bedingungslos:
Wenn Spiele wegen Gewalt verherrlichenden Inhalten indiziert werden, müssen auch entsprechende Filme indiziert werden. Das geschieht aber nicht.
Bis ein Kind erwachsen ist, hat es tausende Morde in sämtlichen Einzelheiten per Fernsehen/Kino gesehen.
Pornos sind seltsamerweise verboten, weil man sieht, wie sich Menschen lieben. Gewaltfilme sind erlaubt, weil man sieht, wie sich Menschen umbringen. Wie bei Marihuana: Kein Mensch ist bisher dran gestorben, dennoch ist's verboten. Anders als Alkohol, an dem täglich Tausende Menschen sterben.
Kranke Doppelmoral, ziemlich typisch für unser heuchlerisches Land.
Killerspiele machen keine Killer - wer jetzt mit dem Argument "Robert Steinhäuser" (Erfurt) kommen möchte: Vergiss es. Ich kenne eine Mitschülerin von Robert; die Sache ist etwas anders gelaufen als in den Medien breitgetreten wurde.
Dennoch tragen Killerspiele UND Filme dazu bei, die Gewaltbereitschaftsschwelle zu senken, wie jede Art von Training mit Waffen oder die reine Gewöhnung an die damit verbundenen Bilder - so realitätsfern diese auch fast immer sind. (In der Realität stirbt es sich erheblich grausamer als in jedem Spiel, jedem Film.)
Den Effekt habe ich bereits am eigenen Leibe erlebt; nach langem Training habe ich - als überzeugter Pazifist - tatsächlich getötet. Teils aus Reflex, weil ich immer wieder trainiert habe, auf bestimmte Weisen auf bestimmte optische Eindrücke zu reagieren.
Eigentlich (!) hatte ich nie damit gerechnet, tatsächlich zu schießen. Aber die tausendfach trainierte Situation trat tatsächlich vor wenigen Wochen ein; ich dachte nicht mehr nach, sondern reagierte wie im Training.
Als der Schuss brach, war ich wie versteinert, es gab kein Zurück mehr. Sauberer Treffer, 25 Sekunden bis zum Tod. Und der sieht nicht mehr wie im Spiel oder im Film aus. Der ist kalt, grausam und alles andere als heldenhaft.
Ich habe keinen Menschen getötet, sondern "nur" ein großes Tier - legal, da ich Waffenbesitzer und Jäger bin.
Aber der Schrecken sitzt mir immer noch in den Knochen. Ich kann immer noch nicht so recht begreifen, dass ich - als jemand, der Tiere liebt - dazu imstande war.
Es ist das Training, die Gewöhnung, das Abstumpfen, die blinde Beherrschung von Waffen, die dazu führt.
Nicht, dass jemand denkt, durch das Beherrschen eines Egoshooters automatisch auch mit echten Waffen umgehen zu können. Dummer Trugschluss, vollkommen realitätsfern.
Sicher aber ist, dass die ständige Konfrontation mit der Schusssituation früher oder später zum Absinken der relevanten Hemmschwellen führt.
Und genau diesen Effekt erzielen Egoshooter und entsprechende Filme/Bilder.
Hinzu kommt, dass Egoshooter ein vollkommen unrealistisches Bild des Tötens vermitteln. Das, was Ihr als realistisch empfindet, ist die pure , beschönigte Fantasie. Eine Schussverletzung in der Realität ist viel grausamer, als Ihr Euch vorstellen könnt. Die schwersten Verletzungen, die ein sich im Körper zerlegendes Projektil bewirkt, könnt Ihr Euch nicht einmal ansatzweise vorstellen. Ihr habt nie durch einen Schuss zerrissene Organe gesehen, habt nie gesehen, was eine Kugel in der Realität anrichtet. Ihr kennt nur das heldenhafte Sterben mit kurzem Aufschrei, nicht das grenzenlose Leid der realen Situation.
Früher oder später kann dies zu einer brandgefährlichen Mischung werden.
Ich liebe Egoshooter.
Aber leider, leider muss auch ich zugeben, dass nicht alles, vor dem gewarnt wird, vollendeter Schwachsinn ist.
Ein Verbot halte ich für sinnlos, weil Verbote nur den Reiz erhöhen. Eine wirklich brauchbare Lösung bestünde nur in einer Psychoanalyse von Spielern oder Filmkonsumenten und einer darauf bezogenen individuellen Freigabe von Spielen oder Filmen.
Das ist noch unrealistisch, dürfte aber die einzige Lösung sein, die auf Dauer greift.
Davon sind wir (glücklicherweise) noch weit entfernt.
In der Zwischenzeit aber müssen Kontrollen verschärft werden; sowohl bei Spielen als auch bei Filmen. Das eine zu verteufeln, ohne das andere ebenso zu verteufeln, ist bigott und vollkommen realitätsfern.
Fazit: Wenn, dann bei Spielen UND Filmen gleichermaßen eingreifen. Nur dann bringt's was.
Da das hier eh schon ein halber Roman geworden ist, kann ich den nächsten gefährlichen Aspekt wohl auch noch ansprechen: Anscheinswaffen.
Jugendliche kaufen sich gerne Gaspistolen, die "möglichst echt" aussehen. Klar, da kann man so richtig auf dicke Hose machen.
Eine "gut gemachte" Gaspistole kann man heutzutage nur noch an den Beschusszeichen und an der Stempelung am Verschluss von einer scharfen Waffe unterscheiden. Das gefällt den Käufern natürlich ausgesprochen gut.
Aber was wird wohl passieren, wenn mir im Wald jemand begegnet, der den großer Macher raushängen lassen will und seine täuschend echte Gaspistole zieht ?
So realitätsfern, wie sich das liest, ist's übrigens nicht... Vor Kurzem erst wurde ich in einer jagdlichen Situation (in der ich aber nicht als Jäger erkennbar war) von mehreren besoffenen Leuten grundlos angegriffen. Ich rannte weg, hinter mir hörte ich dann solche männlichen Dinge wie "Du feige Sau, wir machen dich tot." Diese Leute wussten nicht, dass ich bewaffnet war und nur rannte, weil ich nicht schießen wollte. Das hätte ganz, ganz böse ins Auge gehen können. Wäre eine Anscheinswaffe gezogen worden, so wäre mir keine Wahl mehr geblieben.
Es gibt an so vielen Stellen etwas zu tun - Egoshooter sind nur ein kleiner Teil des großen Problems.
Wenn man die Sache nicht an allen relevanten Stellen gleichzeitig anpackt, kommt nicht mehr als Selbstbeweihräucherung und reine Augenwischerei dabei heraus.







