Auf der KRI 2009 hat GSC einen vollständigen Build des kürzlich angekündigten Sequels Call of Pripyat vorgestellt. Nach dem wir mehr als eine Stunde gespielt und ausführlich die Entwickler ausgefragt haben, sind wir bereit, euch über das wahrscheinlich interessanteste Spiel auf der Präsentation zu erzählen.
Das neue Spiel beginnt mit einem Intro im Stile einer Dokumentation, das über den Unfall auf der Tschernobyl AKW und der Vorgeschichte des Plots aufklärt. Das Video ist noch nicht ganz fertig, also entscheiden wir uns nicht zu spoilern, skippen die Sequenz und gelangen so ins eigentliche Spiel.
Das erste, was einem auffällt – völlige Freiheit. Mit einer einfachen Ausrüstung beginnen wir am Rande der ersten Map und erwartest schon so was wie: „Gezeichneter, lauf hin und töte die Bösen!“, aber nein, wir bekommen keinen Auftrag. Und überhaupt, es gibt wohl keine linearen Aufträge. Im PDA steht, dass man die abgestürzten Hubschrauber finden soll, das ist alles. Niemand beschränkt unsere Freiheit.
Als wir selbst spielten und andere beobachteten, sahen wir jedes Mal neue Varianten der Entwicklung der Ereignisse. Einer ging das Zentrum der Karte erforschen und traf auf ein Stalker-Lager in dem alten Lastkahn, ein Anderer ging zur von den Anomalien verwühlten Erde, hinter den Hügeln im Westen und der Dritte hat irgendeine Höhle mit dem Lager eines Controllers gefunden (ziemlich interessanter Ort – Der Controller, der mit dem Verzehr eines Stalkers beschäftigt war, warnt einem zuerst flüsternd im Kopf des Spielers: „Verschwinde Stalker!“ , aber wenn der beharrliche Spieler weitergeht, so lässt den Controller sein Mahl ruhen und macht kurzen Prozess mit uns).
Im Gegenzug zu Clear Sky gibt es hier viele solcher kleinen, handgemachten Details, die mit der Handlungsfreiheit das Erkunden der Zone sehr interessant machen. Du machst dich mit den Stalkern auf dem Lastkahn bekannt (zwischen denen der wunderbare Händler „Bart“ ist und eine Reihe von unfreundlichen Personen, die auf euch aus allen Ecken schielen), du hilfst irgendwelchen Neulingen, die in Anomalien klettern (der an der Seite stehende Kamerad ruft dem Zweiten zu: „Siehst du, der Anzug hält es aus – los, geh’ weiter!“ – und nach ein paar Schritten setzt die Anomalie den Stalker so zu, dass er zu Boden fällt; wir, auch nicht viel besser zugesetzt, klettern in die Anomalie um ihm zu helfen), erkundest das Territorium, lernst die neuen Verhaltensmuster der Monster, merkst dir, für Raids günstige Uhrzeiten… Und so weiter und so fort. Stalker wird endlich zu einem vernünftigem Sandboxspiel und nicht ein praktisch linearer Shooter mit einem riesigen, nicht genutzten Potenzial.
Es gibt einen Haufen interessanter Charaktere. Von episodischen, wie ein Stalker, der Geld für eine Operation eines Verwandten braucht bis zu ganz hervorragenden Kameraden wie „Gejammer“ – ein verrückter Stalker, der in dem verrostetem Lastkahn lebt, den er „Kowtscheg“ nennt. Er erzählt von einer Welle, die die Zone von Stalkern befreien wird und baut den Lastkahn mit Holzkonstruktionen um – die „Kowtscheg“ bietet ihm wohl zu wenig Platz. Den Spieler begrüßt er mit ein paar Schüssen aus der doppelläufigen Schrotflinte, beruhigt sich aber schnell, wenn er bemerkt, dass wir unbewaffnet sind und nicht vorhaben ihm was anzutun. Als er hört, dass der Spieler die abgestürzten finden muss, entscheidet er sich sogar uns zu helfen. Gejammer nerven die örtlichen Mutanten, deshalb denkt er, wir gehen dahin, um Snorks zu jagen und zeigt uns einen Weg durch die Anomalien.
Typische Questes gibt es wirklich nicht mehr. Komplett. Alle 70 Aufträge sind handgemacht, haben ein bisschen Entscheidungsfreiheit und überhaupt sind sie ungewohnt abwechslungsreich. Nach so was kann man die Quests „Bringe mir einen Pseudohundschwanz“ aus Shadow of Chernobyl kaum mehr ohne Tränen ansehen.
Allgemein wird das Spiel zu einem adäquaten Sandboxspiel. Quests, NPC, Handlungsfreiheit, fehlen von nötigen, linearen Aufträgen in der Mainquest – alles kommt in einem erwachsenen, modernen Spiel, wessen Mechanik logisch und gut durchdacht ist.
Jetzt über ein paar unwichtigere Sachen, die aber trotzdem interessant sind.
Erstmal ist der HUD nun wesentlich bequemer. Er ist kompakt, ansehnlich und das wichtigste ist – er hat Slots für Hotkeys von F1 bis F4. Die beste Entscheidung für die, die Hotkeys für Antirad/Konserven/Wurst und so weiter forderten. (Zur Wurst – Hunger ist wieder da)
Das Inventar ist die leere Dekorativität aus Clear Sky los und enthält ein paar nützliche Kleinigkeiten wie den Verschleiß der Ausrüstungsobjekte direkt unter dem Slot und die Charakteristiken der Anzüge werden nun in Balken, wie bei den Waffen, angezeigt, statt den unbequemen Zahlen.
Der Upgradebaum erlaubt nun über mehrere Äste parallel upzugraden.
Der Schwierigkeitsgrad ist stark angestiegen. Zum Beispiel, als wir den oben erwähnten Stalker aus der Anomalie schleppten, sank die Anzeige unseres Anzugs um ein Viertel, obwohl wir nur 30 Sekunden drin waren! Übrigens, nun verschleißt alles, was wir auf uns offen tragen, also wurde der Anzug, der Held und die Waffe angeschmolzen.
Führen wir das Thema des Schwierigkeitsgrades fort – die Monster, dank der überarbeiteten KI – sind nun sehr ernstzunehmende Gegner und nicht Kanonenfutter. Als in Shadow in Chernobyl zwei-drei Snorks mit ein paar Salven leicht zu erledigen waren ist es nun anders rum – die zwei-drei Snorks nehmen den von uns gesteuerten Protagonisten mit Leichtigkeit auseinander. Sie selbst auf kurzer Distanz zu treffen ist keine triviale Aufgabe. Die Snorks bewegen sich ständig, umkreisen den Spieler und bleiben nicht für eine Sekunde stehen um angeschossen zu werden. Der einzige sichere Weg sie zu besiegen ist sie zuerst zu entdecken und auf großer Distanz zu erschießen. Oder man nimmt einfach eine gute Schrotflinte.
Die anderen Monster sind auch nicht viel schwächer – der Poltergeist hob statt der erwarteten Büchse 20 Objekte und begann uns mit denen zuzusetzen, sodass wir uns zurückziehen mussten. Mit 10% Gesundheit und wohl dutzenden von blauen Flecken. Und der Blutsauger… Ja, das, wovon wir geträumt haben – er kann wieder Blut saugen, genauso wie in den guten alten Zeiten. (Für alle, die die Entwicklung von Shadow of Chernobyl nicht verfolgt haben: wir reden davon, dass der Blutsauger den Spieler packt, sich mit seinen Tentakeln festsaugt und anfängt das Blut des Spielers zu trinken; nachdem er das getan hat, schmeißt er den Spieler zur Seite. Danach zu überleben ist sehr schwer und wenn wir uns aufrichten, dann mit einer schweren Blutung und falls die nicht verbunden wird, führt sich schnell zum Tod.) Und allgemein ist das Verhalten unseres bärtigen Freundes neu programmiert. Aus anderen bestätigten Nachrichten, wird es bei den Hunden ein Gruppen AI und ein ziemlich schweres Verhalten geben. Sie agieren ständig als ein Rudel und stehen nicht an Ort und Stelle und spielen nicht die Bissanimation ab.
Schießereien sind nun auch schwerer geworden. Wir wissen nicht, ob es Zufall war oder nicht, aber als wir auf eine Gruppe von Söldnern trafen (eigentlich schrieen sie, dass wir die Waffe wegstecken sollen, aber wir haben es überhört und Schwerhörige entscheiden sich die Söldner zu töten), erinnerte die Schießerei keines Weges an „Gezeichneter und die Erschießung von 100 Monoliths aus der Hüfte“, „20 Militärs auf der Synchronparade“ und so weiter im Stiele von SoC/CS. Wir haben uns im Gebäude verkrochen, einer der Söldner kam auf uns über den Hof zu, der eine blieb an der Ecke stehender, der Dritte kam ins Gebäude und schoss aus den Fenster falls sich der Spieler versuchte aus dem Fenster blicken zu lassen und der Vierte… versetzte uns eine Salve in den Rücken. An der AI wurde etwas verändert, das ist gut. Übrigens, wir hatten wenig Medi-Kits, also nur zwei Stück. Sie stellen nicht die gesammte Gesundheit wieder her und das wichtigste – die Heilung erfolgt nicht sofort, sondern dauert etwa 10 Sekunden. Das Laufen zwischen den Gegnern als unsterblicher Chuck Norris – der die Kilos von Blei aus dem Körper durch das drücken der Medi-Kit Taste verschwinden lässt – funktioniert nicht mehr. Und das ist sehr positiv.
Es gibt auch noch ein paar Einzelheiten zur Story. Der Auftrag „Finde die abgestürzten Hubschrauber“ ist noch lang nicht das ganze Szenario, sondern nur der Anfangsauftrag in der ersten Location. Pripjat ist mit dem Handlungsverlauf sehr stark verbunden, und öffnet sich in einem bestimmten Stadium der Story, wird aber genauso frei spielbar sein wie der Rest den Locations.
Im vorgestellten Build gab es nur eine Map. Die anderen (Pripjat und Jupiter) befinden sich noch in der Entwicklung und es ist noch zu früh sie zu zeigen. Übrigens, es wird wirklich viele echte Orte geben. Sie werden zwar nicht geografisch korrekt liegen (sie trennen Kilometer und Kilometer von Steppengebiet und Wald), aber sie sind ziemlich realitätsgetreu wiedergegeben. Und das sind: RLS Komplex „Krug“, Lager „Isumrudnoje“, Raketenbasis, Station Janow, Dorf Kopatschi… Die Liste ist wahrscheinlich nicht vollständig, aber das sind die, die wir uns merken konnten.
Noch ein paar ganz kleine Details. Ja, es wird Freepaly geben, nachdem man die Hauptquest abgeschlossen hat (Alle 70 Quests wird wohl in der Durchspielzeit kaum jemand durchspielen, aber so, gibt’s noch was zu tun). Und, ja… Man kann nun endlich im Wasser laufen.
Und jetzt noch von den wenigen Negativpunkten. Man sieht noch, dass die Location noch lange nicht final ist – es gibt wenig Flora und Objekte, die Erde ist auf verschiedenen Ebenen noch nicht ganz fertig, die Detaillierung ist an einigen Stellen noch niedrig. Allgemein hat sich die Grafik im Vergleich zu Clear Sky wenig verändert. Aber wenn wir statt Grafik ein gut durchdachtes Gameplay bekommen, haben wir da eigentlich nichts dagegen.
Im Großen und Ganzem sieht das Projekt wie ein gutes Spiel aus. GSC macht ein Spiel mit gut ausgedachter Konzeption, zielstrebig und logisch, das jetzt schon besser als Clear Sky ausschaut. Oder sogar besser als Shadow of Chernobyl?
Im Herbst werden wir es sehen.
Unser Dank fürs Übersetzen geht an The Undead