Heimliche Onlinedurchsuchung gekippt
- Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) umfasst das Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme.
- Die heimliche Infiltration eines informationstechnischen Systems, mittels derer die Nutzung des Systems überwacht und seine Speichermedien ausgelesen werden können, ist verfassungsrechtlich nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte einer konkreten Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut bestehen. Überragend wichtig sind Leib, Leben und Freiheit der Person oder solche Güter der Allgemeinheit, deren Bedrohung die Grundlagen oder den Bestand des Staates oder die Grundlagen der Existenz der Menschen berührt. Die Maßnahme kann schon dann gerechtfertigt sein, wenn sich noch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit feststellen lässt, dass die Gefahr in näherer Zukunft eintritt, sofern bestimmte Tatsachen auf eine im Einzelfall durch bestimmte Personen drohende Gefahr für das überragend wichtige Rechtsgut hinweisen.
- Die heimliche Infiltration eines informationstechnischen Systems ist grundsätzlich unter den Vorbehalt richterlicher Anordnung zu stellen. Das Gesetz, das zu einem solchen Eingriff ermächtigt, muss Vorkehrungen enthalten, um den Kernbereich privater Lebensgestaltung zu schützen.
- Soweit eine Ermächtigung sich auf eine staatliche Maßnahme beschränkt, durch welche die Inhalte und Umstände der laufenden Telekommunikation im Rechnernetz erhoben oder darauf bezogene Daten ausgewertet werden, ist der Eingriff an Art. 10 Abs. 1 GG zu messen.
- Verschafft der Staat sich Kenntnis von Inhalten der Internetkommunikation auf dem dafür technisch vorgesehenen Weg, so liegt darin nur dann ein Eingriff in Art. 10 Abs. 1 GG, wenn die staatliche Stelle nicht durch Kommunikationsbeteiligte zur Kenntnisnahme autorisiert ist.
Nimmt der Staat im Internet öffentlich zugängliche Kommunikationsinhalte wahr oder beteiligt er sich an öffentlich zugänglichen Kommunikationsvorgängen, greift er grundsätzlich nicht in Grundrechte ein.
(Quelle: http://www.bverfg.de/entscheidungen/...bvr037007.html)
So, das ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, nachdem in Nordrhein-Westphalen gegen ein solches Gesetz geklagt wurde.
Ich finde das Urteil in soweit gut, da die privatsphäre des Einzelnen weitgehenst geschützt bleibt und eine Onlinedurchsuchung nur dann legal ist wenn Menschenleben oder der Staat konkret gefährdet sind. Außerdem ist ein richterlicher Beschluß notwendig um eine solche Durchsuchung durchzuführen.
Was sagt ihr dazu?
Urteil des Bundesverfassungsgericht
Das Problem bei Hausdurchsuchungen ist, dass sich die Ermittler oft mehr Beweise erhoffen um an die Informationen zu kommen, deren Verdacht in dem Moment besteht. Daher sind auch viele Durchsuchungen rechtswidrig.
Online Durchsungen geben den Ermittlern die Möglichkeit direkt und auf längere Zeit Beweise zu sammeln, die für ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren notwendig sind.
Die Betroffenen Personen werden nach einer erfolgten Online Durchsung schriftlich von der jeweiligen Stelle informiert.
Das Urteil aus Karlsruhe stärkt in gewisser Maßen auch nochmal die Befugnisse des Bundesnachrichtendienst.
Interessant daher auch die Ausführung im Urteil:
bb) Soll heimlich auf das informationstechnische System des Betroffenen zugegriffen werden, bedarf es besonderer gesetzlicher Vorkehrungen, die den Kernbereich der privaten Lebensgestaltung schützen.
274
Die Bürger nutzen zur Verwaltung ihrer persönlichen Angelegenheiten und zur Telekommunikation auch mit engen Bezugspersonen zunehmend komplexe informationstechnische Systeme, die ihnen Entfaltungsmöglichkeiten im höchstpersönlichen Bereich bieten. Angesichts dessen schafft eine Ermittlungsmaßnahme wie der Zugriff auf ein informationstechnisches System, mittels dessen die auf dem Zielsystem vorhandenen Daten umfassend erhoben werden können, gegenüber anderen Überwachungsmaßnahmen - etwa der Nutzung des Global Positioning Systems als Instrument technischer Observation (vgl. dazu <!--linkkennzeichnung-->BVerfGE 112, 304 <318><!--/linkkennzeichnung-->) - die gesteigerte Gefahr, dass Daten höchstpersönlichen Inhalts erhoben werden.
275
Wegen der Heimlichkeit des Zugriffs hat der Betroffene keine Möglichkeit, selbst vor oder während der Ermittlungsmaßnahme darauf hinzuwirken, dass die ermittelnde staatliche Stelle den Kernbereich seiner privaten Lebensgestaltung achtet. Diesem vollständigen Kontrollverlust ist durch besondere Regelungen zu begegnen, welche die Gefahr einer Kernbereichsverletzung durch geeignete Verfahrensvorkehrungen abschirmen