Habe nun soeben Crysis 3 abgeschlossen und möchte nun mein Feedback abgeben, wer das
Spiel noch nicht zu Ende gespielt hat, sollte ab hier nicht weiterlesen, da kleinere Spoiler enthalten sein können.
Als ich das erste Level gestartet hatte war ich begeistert, endlich wirkte das Spiel wieder wie das originale Crysis 1, weitläufige Level (wenn auch nicht ganz so weitläufig
wie im ersten Teil), bombastische Grafik – und Physikeffekte und absolute Freiheit beim Vorgehen.
Doch ab dem vierten Level machte sich Ernüchterung breit, die bis zum Ende verblieb. Ernüchterung über das große verschenkte Potential des Spiels.
Crysis 3 ist kein schlechtes Spiel, es hat mich über mehrere Stunden hinweg grandios unterhalten, viel besser als der zweite Teil, aber es verschenkt so viel Potential,
durch das es noch viel besser hätte sein können. Dies möchte ich nun im Folgenden näher erläutern:
Die Grafik ist schlichtweg großartig, wie in Crysis 1 verbringt man wieder viel Zeit damit einfach nur durch die Level zu laufen, um sich alles genau anzusehen. Dabei hat mich
aber wohl am meisten das Leveldesign beeindruckt, die einzelnen Level stecken so voller Details und schaffen Schauplätze die noch lange im Gedächtnis bleiben.
Die umfangreichen Physikeffekte sind zurück und ein viel offeneres und dynamisches Gameplay als noch im zweiten Teil. Das ganze wird untermalt von einer sehr stimmigen
Soundkulisse und einem Soundtrack der sehr gut zum Geschehen passt. Auch gab es nun wesentlich mehr Bezüge zur Story der Vorgänger. Zudem lockern die Zwiegespräche zwischen Prophet und Psycho das Geschehen auf,
insgesamt wird die Story in meinen Augen viel besser präsentiert als im zweiten Teil, wodurch man mehr über diese nachdenkt. Die KI war gut, aber nicht fordernd, zumindest nicht
auf dem Schwierigkeitsgrad Veteran, auf dem ich gespielt habe. Allerdings gibt es so viele verschiedene Möglichkeiten seinen Gegnern entgegenzutreten, dass ich das Spiel wohl
definitiv noch einmal auf Post-Human Warrior durchspielen werde. Tja woran lag es also nun, dass mich das Spiel teilweise enttäuscht hat?
Da wären zum einen die Rebellen, diese wirken insgesamt überaus farblos. Man bekommt während des Spiels den Eindruck, dass diese nur aus 3 Personen (Psycho, Dr. Fontanelli, Karl Rasch)
und zwei, drei Soldaten zu bestehen scheinen, die man mal kurz in Cutscenes oder Nebenmissionen rumlaufen sieht. Man sieht den Rebellenstützpunkt nur ein einziges Mal während einer Cutscene,
ansonsten bekommt man von den Rebellen, abgesehen von Psycho, der einen über große Teile des Weges begleitet, nicht viel mit. Man kann sich nicht wirklich mit deren Widerstandskampf
identifizieren, dabei hätte man dies doch leicht beheben können.
Warum gibt es vor dem Ende nicht beispielsweise eine Lagesitzung mit dem gesamten Rebellenteam? Gibt es wo anders auf der Welt auch Rebellen oder nur in New York?
Dabei hätte man gleich die globale Tragweite des Konfliktes Cell/Rebellen/Ceph noch näher rüberbringen können indem man mehr über den Rest der Welt erfährt. Zum Beispiel könnte ich mir
eine Liveschaltung zu anderen Rebellenstützpunkten vorstellen, wodurch man erfährt, wie es sonst auf der Welt so aussieht. In Crysis 2 wurde ja aufgelöst, dass es eine Art Verbindung zwischen
den Lingshan Inseln und New York gibt, dabei waren auch andere Orte auf der Welt gekennzeichnet, erfahren tut man während aller drei Teile aber nicht wirklich was darüber. Warum nur?
So entsteht irgendwie der Eindruck, als ob der Konflikt Cell/Ceph recht lokal beschränkt sei.
Man hätte die globale Tragweite noch viel mehr ausbauen können, wodurch die Story auch wesentlich mehr Tiefgang erhalten hätte.
Irgendwie wirkt die Story allgemein etwas gekürzt, wie das Spiel auch an sich, was mich zu meinem nächsten Kritikpunkt bringt, die Spielzeit bzw. die Anzahl der Level.
Das Spiel besteht gerade mal aus sieben Leveln, beide Vorgänger haben hier deutlich mehr geboten.
Die Level sind zwar sehr abwechslungsreich, was ihr Setting, Tag/Nachtzeit, Atmosphäre,… betrifft, aber ein größerer Ausbau wäre nicht schlecht gewesen.
Die ersten drei Level haben mir am Besten gefallen, hier kam wieder das alte „Crysis-Feeling“ auf, ein zwei Level mehr von der Sorte hätte ich mehr begrüßt. Dadurch das sich jedes Level
teilweise stark von seinen Vorgängern unterscheidet, wirkte der Übergang zwischen diesen recht abrupt und man kam sich etwas gehetzt vor.
Warum gibt es nicht mehr solcher Momente? New York bietet so unglaublich viele berühmte Schauplätze. Dabei hätte es mich auch überhaupt nicht gestört nochmal ein
paar Schauplätze des zweiten Teils zu besuchen, wie das Wall Street Viertel oder der Times Square. Dabei wäre ein Gefühl des Alt-Vertrauten aufgekommen, wie seinerzeit in Half Life 2,
als man später im Verlauf des Spiels wieder den Hauptplatz in City 17 besucht, den man ganz zu Beginn des Spiels beim Verlassen des Bahnhofs zum ersten Mal zu Gesicht bekommen hat.
Aber auch neue Schauplätze wären möglich gewesen. Der See im Central Park, Ground Zero (Denkmal mit den quadratischen Vertiefungen und Wasserfällen am Rand total überwuchert),
das Empire State Building oder Chrysler Building (beide total von Bäumen überwachsen wäre sicherlich ein einmaliger Anblick), das Untergrundsystem von New York. New York bietet
eines der größten Kanalisations/U-Bahn Netze der Welt, dort wären sicherlich einige atmosphärische Momente möglich gewesen. Man läuft im Spiel zwar ab und zu im Untergrund rum,
aber nur für sehr kurze Zeit. Eventuell wäre hier ein komplettes weiteres Level möglich gewesen oder sogar Schauplätze wo sich noch Zivilisten aufhalten, immerhin ist hier eine ehemalige
Millionenstadt unter einer riesigen Glaskuppel eingeschlossen. Weitere Level hätten sicherlich auch der Spielzeit gut getan, für die sieben Level habe ich gerade mal etwas mehr als 6 Stunden
gebraucht und ich bin oft angehalten um mir die Umgebung anzusehen oder Nebenaufträge zu erledigen. Ich hatte auch den Eindruck, dass es diesmal allgemein weniger Gegner im Spiel gab.
Wenn man sich an Crysis 1 an das Village Level zurückerinnert, da war wesentlich mehr los. Das soll jetzt aber nicht heißen, dass ich eine Schießbude wie Call of Duty lieber hätte, wo man
sich durch hunderte Gegner ballern muss, aber ein paar Gegner mehr mit weiteren Schauplätzen hätte ich mehr als begrüßt. Ich hoffe nicht, dass hier DLC’s zur Kampagne nachgereicht werden,
dass würde für mich etwas merkwürdig wirken, nachdem die Kampagne und deren Level einen abgehakten Eindruck auf mich hinterlassen haben.
Aber nochmal, Crysis 3 hat mich toll unterhalten, es ist ein gutes Spiel und es entschädigt ein Stück weit für Crysis 2, aber insgesamt bedaure ich, dass das Spiel nicht so viel mehr bietet.
So viel mehr wäre meiner Meinung nach möglich gewesen. Dafür hätte ich auch gerne noch ein halbes Jahr länger auf den Release gewartet.
Edit: Gespielt habe ich in 2560x1440, 2TxSMAA, 16xAF und hohen Details (Post Processing und Partikeleffekte auf sehr hoch). Waren meist um die 40fps, ab und zu ging es runter auf 3x fps.
Endlich aber mal ein Spiel, wo man nicht mehr von vornerein die Grafik auf Anschlag stellen kann.